1: Intermezzo - der Titel ist gewählt wegen der Lage zwischen den beiden Fachvorträgen, aber wie Sie sehen werden, auch wegen einerseits mancher Fachthemen, die in die Karriere so hineingerutscht sind und andererseits wegen der nicht fachlichen, sondern privaten/gebirgigen Intermezzi. Von beiden werde ich etwas zeigen. In Mainz, wo ich Physik und numerische Mathematik studiert habe, gab es eine interessante Numerikabteilung mit Bauer und Samelson, die dort den ersten Algol 60-Compiler entwickelt haben und dann in die USA gegangen sind. Ein Kollege und ich wollten den Compiler erweitern um Datentypen, die die Messung (statt Schätzung) der Fehlerfortpflanzung für gewisse Algorithmen erlaubten. Das haben wir auch gemacht, allerdings ausgehend vom Maschinencode, die Source gab es in Mainz nicht mehr. Compiler haben recht abstrakte Mechanismen, und so war das reverse engineering nicht so einfach. Aber es hat geklappt, mit vielen vielen Samstababenden im Rechenzentrum statt in der Disco. Das ist jetzt fast 40 Jahre her. Vor allem hat das jede Scheu vor solchen Maschinen von vornherein ausgeschlossen, und es hat dazu geführt, dass ich auf dem Computergebiet skeptisch bin bei Abstraktionen, wenn nicht vorher die Hardwarebasis auch verstanden ist. Immer noch in Mainz, durfte ich mitmachen bei Design, Bau und Inbetriebnahme des Mainzer Mikrotrons MAMI. Auch das hatte den Schwerpunkt wieder auf Computern: Wir brauchten ein Sytem zur interaktiven Optimierung der Optik, und dies nichtlinear (3. Ordnung hat genügt). Wir haben dafür Hardware und Software entwickelt auf einer CD 1700. Das war zu einer Zeit, als Floating Point-Coprozessoren noch einige 100000 DM kosteten und schrankgroß waren, und so ein Ding bekamen wir. Es war ein Intermezzo, weil ich da noch nicht ganz mit dem Zusammenschreiben meiner Doktorarbeit fertig war. Ich habe dann auch mit anderen zusammen das erste Kontrollsystem für MAMI entwickelt. Ein Computer hätte für die erste Stufe genügt, aber wir nahmen gleich zwei (HP 1000) für die Erweiterbarkeit. Networks im heutigen Sinn gab es da nicht, wir haben die Interface-Hardware und den ganzen Protokollstack selbt gemacht. Großer Vorteil dieser auf den ersten Blick Komplikation war, dass alle Beschleuniger- und Bedienelemente und ihre Datenbankdarstellung Objekte wurden, die völlig sauber ausschließlich durch Messagepassing miteinander verbunden waren. Dieses Konzept des Kontrollsystems war denn auch sehr langlebig. Man durfte beim Design nur keine Angst vor der Hardwarebasis haben. Ich kann dem Mainzer Institut für Kernphysik gar nicht genug danken für diese tollen Freiheitsgrade und Lernmöglichkeiten. 2: Ein interessantes Detail von MAMI war, dass unser Designpaper sehr wesentlich auf einer Arbeit von Wiik und Wilson aufbauen konnte, ja, Björn Wiik. Das Material für die beiden 180 Grad-Umlenkmagnete der ersten RTM-Stufe haben wir übrigens bei DESY von einem normalen Mikrotronmagneten rekuperieren können. 3: Nun ein paar Worte und Dias zur ersten Nepalreise, die auch in diese Zeit fiel. Es gab und gibt danach noch viele Reisen in die hohen Gebirge. Kathmandu war damals noch eine kleine Stadt, das Kathmandutal weitgehend landwirtschaftlich genutzt. Eckhard Elsen und Hans Werner Eisermann (beide im Publikum) werden das kennen, sie waren zur selben Zeit und sogar früher schon in Nepal. An Nepal hat mich sofort die Einheit von Kultur und Landschaft fasziniert, vor allem in den buddhistischen Teilen, durch die der heute sehr bekannte und vielbegangene Weg ums Annapurnamassiv führt. Im Dezember 1979 war ich dort ganz allein unterwegs. Wie man mit größeren Höhen umgeht, wusste ich noch nicht, deshalb war der Weg über den hohen Pass auf die aride Nordseite des Gebirges schwierig. Blick zurück zum Nilgiri von weiter unten im Flusstal des Kali Gandaki, und zurück in Kathmandu. Es war und ist noch schön in einem Land, wo es nicht die ständige Übertreibung gibt. Ein "land of doesn't have to be", wenn jemand noch diesen Song kennt. Wie gesagt, das war die erste Reise in den Himalaya, meine Frau und ich waren dann oft gemeinsam dort. 4: Unser Hochzeitstag - sicher eines der wichtigsten Ereignisse in meinem Leben. 5: Den erste lange Aufenthalt bei CERN, hauptsächlich beim LEP-Experiment OPAL, mit einigen Exkursionen zu anderen Experimenten, haben Herr Bethke und Herr Elsen sehr schön beschrieben. Das war natürlich kein Intermezzo, sondern 10 Jahre Hauptsache. Ich wurde dann für 5 Jahre Physiker in einer anderen Umgebung, in der Softwareindustrie. Wir arbeiteten an einem großen Projekt für die heutige Swisscom zusammen mit einem amerikanischen Generalunternehmer. Der Anfang dieser Zeit kam nicht ganz freiwillig, aber mir hat es sehr viel Spaß gemacht, mit den gestandenen ETH-Ingenieruren zu arbeiten und als Physiker Neues beitragen zu können. Nicht unwichtig ist, dass wir dadurch nach Bern gekommen sind, wo es uns, nicht nur wegen der Gebirgsnähe, bis heute sehr gefällt. Erstaunlicher als der Anfang dieser Zeit war vielmehr, dass es möglich war, wieder in die Grundlagenforschung zurückzufinden. Meine interessante Zeit im DESY-Direktorium wurde ja schon beschrieben. Nach DESY kam ein längeres Gebirgsintermezzo, von dem ich gleich berichte, und sodann der zweite lange Aufenthalt bei CERN im ATLAS-Experiment, den ich als Mitglied das MPI für Physik genießen durfte, wofür ich sehr sehr dankbar bin. 6: Abschied von DESY am Willkommhöft an der Elbe, 2003. 7: In größere Höhen! Dies ist eine Aufnahme aus der ISS, die einen Teil des Himalaya von Norden her zeigt im Nachmittagslicht. Zu sehen sind der Everest (links oben), der Cho Oyu und die Shisha Pangma, der kleinste 8000er und ganz in Tibet gelegen. 8: Diese Karte (aus dem Times-Atlas) zeigt das Gebiet zwischen Lhasa in Tibet und Kathmandu. Eingezeichnet habe ich den Mera Peak, zu dem unsere wohl schönste Trekkingreise geführt hat, die Shisha Pangma und der Muztahg Ata an der Westgrenze Chinas in Sinkiang außerhalb der Karte. Ich zeige hauptsächlich Bilder von der Shisha Pangma-Expedition, und die Karte zeigt auch die Fahrtroute von Lhasa in die Nähe des Berges. 9: Die Detailkarte zwischen Basislager (advanced base camp) und Gipfel zur Referenz. 10: Die Fahrt geht via den Yamdruk Tso (Skorpion-See) und der Ortschaft Gyantse weiter nach Westen. Die Distanz (in km) zu Beijing wird immer größer. Tingri ist der letze größere Ort, durch den man kommt. Von Tingri der Blick aus Norden zum Cho Oyu. Wir kommen der Shisha Pangma näher. Bis hier können die Jeeps fahren und das Expeditionsgepäck wird auf Yaks umgeladen. Die bringen es zum Basislager. Hier steht unsere Schweizer Expeditionschefin. Ein Teil der nepalesischen Führer- und Küchencrew. Die Teleaufnahme zeigt den Berg vom Basislager aus mit der normalen Aufstiegsroute von Norden her. Hier (o) ist der Punkt, bei dem ich umgekehrt bin, d.h. den Shisha Pangma-Gipfel habe ich nicht ganz erreicht. Oben war es oft stürmisch, man sieht es an den Schneefahnen. Die Gletscher sehen dort wegen des hohen Sonnenstandes anders aus als in den Alpen, dieses Photo ist vom Lager 1 aus, zu dem wir insgesamt 7mal aufgestiegen sind für Materialtransporte. Man übernachtet öfters allein in den Hochlagern. Nachts kann die dünne Luft zu sonderbaren Gedanken führen. Wir waren gut 4 Wochen im Basislager und darüber, da gibt es viel Zeit für kleinere Touren auf die nahegelegenen 6000er. Bis ca 5500m weiden hier die Yaks in der Sommersaison, deshalb der unprätentiöse Name des Berges. Schließlich Mitte Mai Aufbruch vom Lager 1 in Richtung Gipfel. Eine Nacht im Lager 2, bis hier geht es mit den Ski, dann wird es zu steil und eisig in Richtung Lager 3. Lager 3 hat einen wunderbaren Platz, völlig offen nach Ost und West. Man schläft nicht so gut, weniger wegen der Höhe von 7300m als wegen der Aufregung vor dem Gipfeltag (16.Mai 2004). Die erste Morgensonne kommt schon bald. Jede 100m der insgesamt nur 750m bis zum Gipfel bringen neue Tiefblicke. Zwei der Kollegen bleiben zurück und ich gehe allein weiter. Nach Osten sieht man aufgereicht Cho Oyu, das Everestgebiet und ganz hinten den Kandzenzönga, alles 8000er. Die schnelleren Kollegen kommen nach ihrem Gipfelerfolg bereits zurück, ich gehe allein noch etwas weiter hinauf, ein kleiner Tanz entlang der Separatrix im übertragenen Sinn, bis die Vernunft siegt und ich umkehre. Eine zweite Nacht im Lager 3, und zurück ins Basislager, wo alle heil versammelt sind. Es gab einige Expeditionen davor und danach, und es gab und gibt viele Trekkings! Dazu die letzten 4 Bilder. In Westchina tragen andere Tiere das Expeditionsgepäck. Hier meine Frau im Anstieg zu einem der Lager am Muztagh Ata. Von oben der Blick nach Westen, jenseits des Tales stehen die Berge von Tadschikistan. Das letzte Dia ist von der Tour zum Mera Peak, wir hoffen, dass wir noch einige Trekkings machen können, obwohl die Berge anscheinend höher werden, wenn man älter wird. Mit diesem Wunsch für die eigene Zukunft möchte ich schließen und für die fachliche Zukunft von Computing und Software das Wort an Günter Quast geben. Herzlichen Dank!